Bitte erinnern Sie sich an das Beispiel mit dem Gang in den Keller:
Sie waren im Keller angekommen und mussten überlegen, weshalb Sie dorthin gegangen waren. – Die Antwort hierzu fällt Ihnen im Normalfall ein, sobald Sie sich wieder an der Stelle befinden, von der aus Sie gestartet waren.
Ein anderes Beispiel:
Sie machen zu zweit einen Spaziergang und unterhalten sich über verschiedene Themen. Zwei Tage später gehen Sie denselben Weg, aber diesmal allein. An manchen Stellen des Weges fällt Ihnen überraschenderweise ein, welche Details Sie mit Ihrem Begleiter zwei Tage zuvor – genau an denselben Stellen – besprochen hatten.
Vielleicht kennen Sie auch folgendes Phänomen:
Sie befinden sich als Lehrender (Ausbilder, Referent, Lehrer) in einem Schulungsraum. Die Teilnehmer haben Namensschilder auf den Plätzen. Innerhalb kurzer Zeit gelingt es Ihnen, die Teilnehmer mit ihren Namen anzusprechen, ohne jeweils erneut auf die Namensschilder schauen zu müssen. – Während der Pause bewegen sich die Teilnehmer ‘ungeordnet’ durch den Aufenthaltsraum, und Sie haben plötzlich das Problem, sich nicht mehr erinnern zu können, wer wie heißt. – Sie rekonstruieren zunächst, wer wo saß, um sich dann zu erinnern, wer wie heißt.
Es gibt eine Überlieferung aus der Zeit vor etwa 2.500 Jahren:
Simonides von Keos sei Gast bei einem Festmahl innerhalb eines Steinhauses gewesen. Als er zwischendurch das Haus verlassen hatte, habe ein Erdbeben das Hauses einstürzen lassen. Alle Gäste seien von den herabstürzenden Trümmerteilen erschlagen und bis zu Unkenntlichkeit verstümmelt worden. – Simonides sei von den Hinterbliebenen gefragt worden, ob er noch wüsste, wer wo gesessen habe, um ihnen bei der Identifizierung der Todesopfer zu helfen.
Simonides sei davon überzeugt gewesen, sich genau erinnern zu können, ohne sich die Sitzordnung bewusst eingeprägt zu haben. Er habe sich über seine Wahrnehmung gewundert, darüber nachgedacht und daraus die antike Gedächtnistechnik entwickelt. (Loci-Technik; Locus / Loci = Ort / Orte; Methode der Orte)
